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Der Glockenschmied - der letzte des Berufstandes im Ostharz war Wilhelm Liesenberg
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Ein Gastbeitrag von Eckhard Schobess aus Bad Suderode
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Das Hüten von Kühen hat schon lange keine Bedeutung mehr. Rinderherden weiden heute auf eingezäunten Grünlandflächen. Noch bis
Mitte des vergangenen Jahrhunderts gab es im Ostharz den Beruf des Kuhhirten. Auch die Waldweide wurde noch bis zu die-
ser Zeit betrieben.
Das Beweiden von Waldflächen verursachte jedoch in der Forstwirtschaft große Schäden und bei Junggehölzen oft Totalausfälle.
Bereits zwischen 1850 und 1860 ist in den anhal- tischen Forstrevieren des Unterharzes diese Weideform abgeschafft worden. Zeitweise
gab es jedoch gewisse Ausnahmen, so zum Beispiel zwischen 1890 und 1893 aufgrund von akutem Futtermangel. Auch der Versorgungsnotstand
in der Nachkriegszeit brachte Ausnahmeregelungen im Gernroder Forst. Kleinbäuerliche Betriebe und Tierhalter, oft nur mit einer
Kuh oder wenigen Ziegen, waren abgabepflichtig. Da da wurde trotz der entstehenden Schäden in den Wäldern auf die Belange der
Forstwirtschaft keine Rück- sicht genommen.
Besonders für die Waldweide war in der Vergangenheit die Ausstattung der Rinderherden mit Geläuten notwendig, damt auch in den
unübersichtlichen Waldgebieten verirrte Tiere schnell wiedergefunden werden konnten.
Außerdem war es für die Sommergäste des sich entwickelnden Tourismus eine beson- dere Attraktion. Schon Heinrich Heine und Hermann
Löns erfreuten sich bei ihren Harz- wanderungen an diesen Klängen.
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In früheren Zeiten bekamen nicht nur Kuhherden, sondern teilweise auch Schafe und Ziegen solche Geläute. Nach Angaben des
Heimatforschers Fritz Klocke war noch bis zum 2. Weltkrieg in Dankerode eine Herde damit ausgestattet, sicherlich auch nicht alle
Tiere. Oft waren es nur die Leittiere einer Herde.
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Glockenschmiede von Suderode
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Der preußische Staat siedelte Ende des 18. Jahrhunderts, nach einem Dekret des Königs Fiedrich II., im neu gegründeten Friedrichsdorf
bei Suderode Kolonisten an, das waren meist aus dem Militädienst entlassene Soldaten. Friedrichsdorf wurde später in den Ort
Suderode eingemeindet.
In diese sogenannte Kolonie kam auch die Familie Kleemann, vermutlich aus dem Thü- ringischen. Heinrich Christian Kleemann ist
1776 erstmals als Pate im Suderoder Kirchen- buch als Glockemacher erwähnt worden. Aus seiner 1782 geschlossenen Ehe ging 1794 der
Sohn Johann Christian Carl hervor, der als Glockenschmied bezeichnet wurde. Dessen Sohn, Christian Christopf Gottfried 1822
geboren, wird als Glockenfabrikant im Kirchenbuch ausgewiesen.
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Wilhelm Liesenberg bei der Arbeit Bild:Eckhard Schobess
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Bis 1898 führte er den Handwerksbetrieb, den Wilhelm Liesenberg übernahm, der 1878 in Suderode geboren wurde und bei Kleemann
diesen Beruf erlernt hatte. Liesenberg verstarb 1948 in Bad Suderode und gilt als letzter Glok- kenschmied des Ostharzes. Er hatte
seine kleine Schmiede in der Stecklenberger Straße.
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Seine handwerklichen Fertigkeiten und die klangliche Feinabstimmung seiner produ- zierten Geläute waren von hoher Qualität. Dazu
gehörte ein gutes musikalisches Gehör, das er durch das Spelen der Geige besaß. Die Glcken, die alle einen Namen haben, wur- den
zu einem Geläut gefertigt und zusammengestellt.
Der Oberstump klingt im c-Ton, der Stump a, der Halbstump f, der Beischlag c, die Lamm- schelle a, der Biller f, der Unterbiller
c und der Beischlagpfeifer wiedern in a. Es sind acht Töne, die für f-Dur-Dreiklang gestimmt wurden. Diese haben unterschiedliche
Größen vom Oberstump abwärts. So ist beispielsweise der Halbstump 18 Zentimeter hoch und hat eine Breite von 8,5 Zentimeter. Zu
einem vollständigen Geläut gehören für die Ge- samtheit einer Herde 36 Glocken, die es in dem Umfang in den Harzer Heimatstuben und
-museen nicht mehr gibt.
Die Schaf- und Ziegengeläut sind in c-Dur-Dreiklang g-e-c gefertigt worden.
Nicht nur in der gesamten Harzregion, sondern auch in verschiedenen deutschen Gegen- den gab es Liesenbergsche Glocken Käufer.
Selbst ausländische Kunden sind per Post- versand bedient worden. Anerkennung fand der Meister auf verschiedenen Landwirt-
schaftsausstellungen, ausgewiesen so in den 1920er Jahren für Ausstellungen in Halle und Northeim.
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Die Fertigung der Glocken
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Die Herstellung der Glocken war eine Handarbeit, die eigentlich als Handwerkskunst verstanden werden konnte. Ausgangsmaterial
war Eisen- blech, das bei den Kleemannschen Anfängen noch durch Hämmern als so genanntes Hammer- blech hergestellt wurde. Es hatte
nicht die Gleichmäßigkeit wie die später verwendeten Walzbleche, die in drei Stärken Anwendung fanden. Diese stammen aus dem Eisenhütten-
werk Thale.
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Das Stimmen der Kuhglocken Bild:Eckhard Schobess
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Die Umrisse der Glocken wurden mit Hilfe von Schablonen, die aus Holz gefertigt waren, auf das Blech geritzt und mit einer
großen Blechschere ausgeschnitten. Diese Blechteile bekamen auf einem Amboss durch Hämmern ihre entsprechende Rundungen. Aus
einem gerollten und gehämmerten Blechstreifen entstand ein drahtartiger Teil, der oben auf die Glocke als Halterung, auch
Galgen genannt, kam,dieser wurde durch zwei Löcher ins Innere geführt und diente gleichzeitig zur Aufhängung für den geschmiedeten
Klöppel. Der Klöppel konnte daran durch die Verbindung mit einem Lederriemen schwingen. Erst dann sind die Seitennähte genietet
und gelötet worden. Unebenheiten, die bei diesen Arbeiten entstanden, wurden abgeschliffen.
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Das Stimmen der Glocken war der krönende Abschluss für den Meister. Es sind einzelne Dellen, sogenannte Sangbeulen, mit einem
feinen Stimmhammer hinein geschlagen worden, bis der jeweilge Ton stimmte. Die Glocken wurden an Glockenbügeln durch mehrlagige
Lederstrippen angebracht. Diese Lederteile zog man durch Löcher des Holzbügels und befestigte sie durch geschnitzte Holzknebel.
So konnten diese Bügel geöffnet und den Tieren um den Hals gehängt werden.
eistens fetigten die Hirten und Schäfer diese ügel selber an. Dafür verwendeten sie naturgebogene Ast- oder Wurzelstücke. Doch
im größeren Maße sind ausgesuchte Hölzer von Erle, Hasel, Linde, Weide, Pappel, aber auch von anderem Holz verwendet worden, das
in die gewünschte Form geschnitten und dann nach dem Kochen in Wasserbad gebo- gen wurde.
In der Harzregion war die Farbgebung an den meisten schlichten Bügeln dunkelgrün oder blau. Selten gab es mit Schnitzwerk verzierte
Bügel, wie das in Thüringen typisch war.
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Wenn die Weidesaison beendt war, begab sich schon zu Zeiten der Kleemannschen Fertigung, der Meister zu den Hirten und Schäfern,
um für neue Aufträge zu werben oder bereits fertige Geläute zu verkaufen. An Ortund Stelle wurden auch Glocken nachgestimmt,
denn durch mechanische Einwirkungen aus der Weide war das Geläut oft verbeult und damit verstimmt. Ein Stimmhamer und ein Speehorn
waren dafür wichtige Werkzeuge. Das Sperhorn ist ein rechtwinklig gebogenes Stück Eisen, das auf einem Holzklotz eineschlagen
wurde und als Amboss diente. Das Nachstimmen s in gleiche Weise wie das Stimmen der fertigen Glocken drch das Einschlagen
von Sangbeulen vorgenommen worden, um wieder die richtige Tonlage zu erhalten. In etwa zwei Jahr- hunderten, in denen die Geläute
zum Einsatz kamen, entwickelten sie sich von einer realen Zweckmäßigkeit, nämlich verirrte Tiere einer Herdeschnell wiederzufinden,
zu harmonischen Klangspielen für die Bewohner der Orte und für die Sommergäste des Harzes.
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Im fachmännischem Sinne Schellen
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Teile eines Geläutes auf einer Stange aufgereiht Bild:Eckhard Schobess
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Die Harzer Kuh- und Schafglocken sind im fachmännischem Sinne Schellen. Denn während Glocken immer gegossen werden, sind
Schellen vorwiegend aus Eisenblech gefertig. Im Harz wurde aber immer von Kuh- und Schafglocken gesprochen, darum soll auch im
Beitrag, trotz der fachlchen Unkorrektheit, der Begriff "Glocke" nicht durch Schelle verändert werden. Im süddeutschen Raum
und teilweise auch in Thüringen gab es im Sprachgebrauch aber immer diesen klaren Unterschied.
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Ich bedanke mich recht herzlich bei Herrn Eckhard Schobess dafür, dass ich seine mühevoll zusammen getragenen Informationen
über dieses ausgestorbene Handwerk verwenden durfte.
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Der Autor:
Eckhard Schobess
Schulstr. 10
OT Bad Suderode
06485 Quedlinburg
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